Meine Kurreise nach Bad Cannstatt
Kultur/Unterhaltung
Meine Kurreise nach Bad Cannstatt
galou&tajett galou&tajett 15.03.2021 - 19:12 Uhr

Aus dem Tagebuch von Louise:

Der Krieg 1870/71 ist lange vorbei und die Menschen haben ihn aus ihren Gedanken verbannt. Unsere Generation lebt in einer Zeit,  die vorwärts strebt und viele Menschen Neuem gegenüber aufgeschlossen sein wollen.


Wir nennen eine herrliche Gegend unsere Heimat, umgeben von Weinbergen, in denen der wohlschmeckende Trollinger gedeiht, dank des milden Klimas und fruchtbaren Bodens.  Unser Örtchen Untertürkheim ist hübsch und aufgeräumt, die Menschen kennen und  grüßen sich.


Häufig sitzt sonntags die Familie im Gasthof Adler - seit 1617 in Familienbesitz. Dort trifft man sich mit Nachbarn bei einem vorzüglichen schwäbischen Mittagsgericht. 


Männer treffen sich beim Johann-Friedrich Zaiß in der Weinstube und tauschen sich bei einem guten Schoppen Trollinger über Weinbau, Industrie und Politik aus.  Nicht selten sind die Gespräche hitzig, da unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Mittendrin sitzen die Honoratioren und tun ihre Meinungen kund.


Bei einer dieser Gelegenheiten anempfiehlt uns der Geheime Medizinalrat Lemberg, auch in diesem Jahr wieder zu einem dreiwöchigen Kuraufenthalt in das schöne und nahegelegene Cannstatt zu reisen, das seit 1845 bequem mit der Dampfeisenbahn zu erreichen ist . Dort sollen so manche Leiden mithilfe gesundheitsförderndem Mineralwasser kuriert und der Geist durch anregende Gespräche belebt werden.  Logiert wird in gut ausgestatteten Pensionen und tagsüber flanieren wir in dem angrenzenden Kurpark mit seinem imposanten Baumbestand. 


Bevor wir mit der Dampfeisenbahn vom Bahnhof Untertürkheim abfahren,  besuchen wir unsere Kirche und sprechen einige Gebete für ein gutes Gelingen. Ist die Art mit dem dampfenden Ungeheuer zu reisen doch noch sehr ungewohnt in unserer Zeit. Das große Reisegepäck haben wir bereits am Vortag mit der Kutsche vorausgeschickt. 

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So bleibt nur noch,  uns mit unserem Handgepäck zu mühen. Ach, wie freuen wir uns auf eine sorgenfreie und erholsame Zeit und hoffen, gesund an Leib und Seele in unser geliebtes Untertürkheim zurückzukehren.

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